Beate Frenkel ist Redakteurin bei Frontal21 und erhielt 2019 den expopharm Medienpreis für die Dokumentation „Pillen, Pulver, Wunderheiler. Das Geschäft mit der Alternativmedizin“.
Ihr nun vorliegendes Buch, „Pillen, Heiler, Globuli. Das Geschäft mit der Alternativmedizin“ nimmt selbstverständlich oft Bezug auf die Dokumentation, aber auch auf die aktuelle Situation – die Diskussion um Corona und Impfpflicht.
Mit 160 Seiten bringt sie das Thema dabei kurz und sachlich auf den Punkt. Wir lesen vom Misstrauen gegenüber Pharmakonzernen, Ärzten und Ärztinnen, Medien und Politik, von den Heilsversprechen der Vertreter und Vertreterinnen der Alternativmedizin, von den teils schwerwiegenden Folgen, die die falsche oder die Nichtbehandlung ernsthafter Erkrankungen haben kann.
„Immer mehr Menschen misstrauen den Errungenschaften von Wissenschaft und Medizin und legen ihr Schicksal in die Hände von Scharlatanen.“ (S. 8)
In vier Kapiteln beleuchtet Frenkel den Erfolg der Wunderheiler, den Streit ums Impfen, die Lukrativität der Alternativmedizin sowie die Probleme der Gesundheitspolitik, die am Erfolg des Heilpraktikerwesens nicht unschuldig ist. Dabei geht es sowohl um quasireligiöse Esoterik und einen Vertrauensverlust durch Skandale der Pharmaindustrie als auch um die Masern und andere impfpräventable Krankheiten und deren mögliche, schlimme Spätfolgen.
„Eigentlich sollte das Masernvirus im Jahr 2020 in Europa ausgerottet sein. Das war das erklärte Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, und es schien realistisch. Den Impfstoff gegen die Masern gibt es seit mehr als einem halben Jahrhundert, und doch wurde die notendige Impfrate von 95 Prozent vielerorts nicht erreicht. Obwohl genügend Impfstoff zur Verfügung steht, breitete sich weltweit die hochansteckende Krankheit seit 2016 wieder aus.“ (S. 132)
„Es fehlt schlicht an der Vorstellungskraft, wie die Folgen einer schweren Infektion aussehen können: Was es bedeutet, an Kinderlähmung zu erkranken zum Beispiel. Oder dass eine Blutvergiftung tödlich enden kann, wenn sie zu spät behandelt wird. Die Erfolgsgeschichte der Polio- oder Tetanus-Impfung hat dazu geführt, dass die Angst vor den Krankheiten selbst aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden ist.“ (S. 49)
„Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Anti-Impf-Bewegung 2019 zu einer der großen Bedrohungen für die weltweite Gesundheit erklärt. Impfgegner werden damit als ähnlich gefährlich eingeschätzt wie Umweltverschmutzung, Ebola oder zunehmende Resistenz von Keimen gegen Antibiotika.“ (S. 71)
Verschwörungstheorien, gesellschaftliche Hintergründe, Autismus, Harmloses und Gefährliches, und die Diskussion um eine Reform des Heilpraktikerwesens sind weitere Themen des Buches, ebenso wie – als Hoffnungsschimmer – die Möglichkeit, aus COVID-19 zu lernen.
„COVID-19 schafft aber auch neue Allianzen und Einsichten: Anfang 2020 war der Erreger SARS-CoV-2 noch neu und beängstigend. Ein halbes Jahr später arbeiten Tausende Forscher in mehr als zwölf Ländern an über 130 Programmen zur Impfstoffentwicklung. Nie zuvor haben Wissenschaftler, Pharmafirmen, Geldgeber und Aufsichtsbehörden so umfassend kooperiert.“ (S. 145)
„Pillen, Pulver, Wunderheiler. Das Geschäft mit der Alternativmedizin“ erschien vor dem Durchbruch in der Entwicklung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 und stellt damit einen Stand der Dinge dar, der nach Bekanntgabe der erfolgreichen Entwicklung erst eines und dann mehrerer Impfstoffe noch einmal eine Wendung mehr genommen hat – wobei die Entwicklung hin zur aktuellen Art und Weise, wie die Diskussion geführt wird, im Buch bereits absehbar ist.
Ein umfangreiches Literaturverzeichnis und ein Sachregister runden das Buch ab.
Beate Frenkels Buch „Pillen, Pulver, Wunderheiler. Das Geschäft mit der Alternativmedizin“ erschien 2020 im Hirzel Verlag.