Wenn die Politik kafkaeske Züge trägt, kann ein Schriftsteller nur eines: Sie in bissige Satire verwandeln. Mit "Die Kakerlake" macht Ian McEwan genau das.
"Als Jim Sams, klug, doch beileibe nicht tiefgründig, an diesem Morgen aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in eine ungeheure Kreatur verwandelt."
Aus der Kakerlake wurde ein Mensch, doch nicht irgend einer, sondern der britische Premierminister, und er trat an, den Willen des Volkes durchzusetzen – mit allen Mitteln. Leichtfüßig und abgründig, bitterböse und amüsant zugleich nimmt McEwan die Politik meisterhaft aufs Korn. Da erkennt die Kakerlake den einen Vorteil des Menschen an:
"Ein opponierbarer Daumen war gar keine so üble Idee. Aufstrebende junge Arten wie der homo sapiens hatten manchmal durchaus nützliche Weiterentwicklungen zu bieten." (S. 79)
und hinterfragt ganz nebenbei auch die Politik des US-Präsidenten auf so elegante wie zielsichere Weise.
"Die Kakerlake" ist kurzweilig und überragend und vermag es, dem politischen Geschehen nicht nur Großbritanniens ein schiefes, doch herzhaftes Lachen ob ihrer Irrationalität entgegen zu werfen.
Ian McEwan "Die Kakerlake" erschien 2019 bei Diogenes.