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Summary

Lou Bihl: Ypsilons Rache

Unsere heutige Rezension behandelt einen Roman zu einem Thema, das inzwischen immer häufiger Eingang in die Literatur findet: Es geht um Diversität und Transidentität.

„Ypsilons Rache“ ist ein lesenswerter, moderner Roman, der sich vor allem mit dem Thema Transidentität auseinandersetzt - und zugleich mit so viel mehr. Die Hauptfigur, Kris, ist 55 Jahre alt, Professor für Pathologie, geschieden, aber mit der Exfrau noch freundschaftlich verbunden, Vater zweier Kinder, Opa einer Enkelin und steckt eigentlich im falschen Körper. Bis auf gelegentliche, seltene „Escapes“ als Kristina lebt er seine eigentliche Identität jedoch nie aus und einzig seine beste Freundin Alex weiß überhaupt davon. Eigentlich will er die anstehende Auszeit nutzen, ein wissenschaftliches Buch zu schreiben, doch eine Routineuntersuchung stellt ihn vor die Diagnose: Prostatakrebs.

Ausgerechnet die Prostata also, das Ypsilon-Chromosom, mit dem er nie auf freundschaftlicher Ebene stand, bedroht nun sein Leben und jeden Entwurf, den er vielleicht irgendwann einmal leben wollte. Aus der Reise zum Buch wird eine Reise zu sich selbst, und zu Menschen, die ihn bewegen und ein Stück des Weges begleiten. Er denkt über seine weitere Lebensgestaltung nach und trifft mit Chloé eine Trans*frau, in die er sich obsessiv verliebt.

Der Krebs ist dabei nicht das einzige schwere Thema, das zur Sprache kommt: Krankheit und der Verlust geliebter Menschen werden sensibel aufgenommen, es geht um Zwischenmenschliches, die Komplexität des Lebens und die Schmerzen und Narben, die es hinterlässt. Die Figuren sind mit teils wenigen Sätzen klar gezeichnet und haben alle ihre eigenen Geschichten, die mal mehr, mal weniger offensichtlich erzählt werden.

Zum Berufsfeld des Ich-Erzählers passt sehr gut der sachliche, abgeklärte Stil, der schnörkellos und direkt sein kann, zugleich aber auch berührend, emotional und subtil humorvoll mit der Welt umzugehen vermag. Dabei driftet der Erzählstil nie in unnötiges Pathos ab, sondern bleibt immer menschlich.

Das Buch ist eine gut recherchierte Reise – nicht zuletzt die Quellenangaben und Danksagung der Autorin zeugen von der dahinter stehenden Recherchearbeit.

„Ypsilons Rache“ von Lou Bihl erschien im Februar 2021 im Unken Verlag.

 

Audiobeitrag

Ein tolles Buch über die erste Liebe ist zuerst als Webcomic erschienen: Alice Oseman hat mit "Heartstopper" ein Werk geschaffen, das einfach genau richtig ist: Die langsame Entwicklung der Charaktere und v.a. der Beziehung von Charlie und Nick ist so realistisch, so gesund und schlicht schön dargestellt, dass es zu einem richtigen Wohlfühlbuch wird. Der Zeichenstil ist sanft und minimalistisch, was die Bilder umso ausdrucksstärker macht.

Der Klimawandel macht uns allen deutlich: Veränderung ist notwendig, um in Zukunft gut leben zu können – und vielleicht auch, um überhaupt eine Zukunft für die gesamte Menschheit zu haben. Aber ist das den Staaten der Erde bewusst? Handeln sie danach? Oder gibt es vielleicht auch andere Akteure, denen zuzutrauen ist, einen echten Einfluss zu nehmen? Das Jahrbuch Ökologie widmet sich in Aufsätzen von mehr als 40 Autor:innen einer solchen Akteursgruppe: den Städten.

Was wissen wir vom Leben in der Sowjetunion? Also, nicht von den historischen Ereignissen, sondern vom ganz normalen Leben? Nicht viel, oder? Aber das lässt sich ändern.

Viele Begriffe für das weibliche Geschlechtsorgan sind ja vor allem verniedlichend, diffus oder abwertend. Aber warum eigentlich? Geht es nicht auch anders? Es geht! Nämlich wertfrei, in präziser Sprache, und damit genau richtig, um sich der Thematik ohne Unsicherheiten zu nähern.

"Debbie geht nicht gerne unter Leute. Sie schreibt lieber Textnachrichten als zu telefonieren und steht auf Partys immer abseits. Ein perfekter Tag ist für Debbie, wenn es draußen regnet und sie mit einer Tasse Tee und einem Buch auf dem Sofa liegen kann. Natürlich fragt sie sich, ob etwas mit ihr nicht stimmt. Aber sie ist eben einfach glücklich mit sich selbst. Und mit Jason, der sie so akzeptiert, wie sie ist. Auch ohne viele Worte. Was soll daran verkehrt sein?"