Band: Art Brut
Album: It’s A Bit Complicated
Mitglieder: Eddy Argos (Gesang), Jasper Future (Gitarre), Mickey B (Schlagzeug), Ian Catskilkin (Gitarre), Freddy Feedback (Bass)
Herkunft: London, United Kingdom
Ich hab sie letztes Jahr dreimal gesehen, dieses Quintett aus London. Aber eigentlich sind sie ja ein zusammengewürfelter Haufen aus englischen Kleinstädten und deutscher Provinz. Freddy, die Bassistin kommt aus dem Sauerland, Drummer Mickey aus Kempten, welches im Allgäu liegt und Eddy aus Bournemouth, einer Kleinstadt an der Küste.
Eddy Argos - ein sprechsingender, fast zwei Meter großer, typischer Brite mit blasen Gesichtszügen und einem temporär bedingten Oberlippenbart, asiatischer Prägung – gründete 2003 eine Band. Seine Leidenschaft frönte er schon immer der Musik, weshalb auch sein Schulabschluss nicht besonders ausfiel. So konnte er sich ein Studium abschminken. Bevor er nach London zog, musizierte er mit den Art Goblins zusammen mit Jasper Future. Mit seiner angeblichen sehr geringen Intelligenz kokettiert er sehr gerne, besonders wenn er auf die ironischen Texte von ihrem Debüt „Bang Bang Rock’n’Roll“ angesprochen wird und auf sein selbst formulierten Lebenstraum jede Woche bei „Top of the Pops“ auf zutreten zu wollen.
Nun also das schwierige zweite Album und sie haben es auch gleich noch so genannt. Was sind die Erwartungen? Vielleicht ein massiverer Sound, um auch auf den großen Bühnen der Welt zu bestehen, so wie es alle Bands versuchen? Eddy fängt an zu singen?
Weit gefehlt. Das Album ist nach klassischer Art Brut Manier. Ein bisschen in die Saiten der Gitarre gehauen und dann der Sprechsingsang von Eddy Argos. Es werden Geschichten aus seinem Alltag erzählt. Schon beim ersten Song, wird die Frage gestellt, ob man einen Kuss, zwecks lauter drehen eines Liedes, unterbrechen dürfte. Jaja, dieser Schelm. Im Anschluss dann einer dieser neuen Smashhits, nämlich „Direct Hit“. Es ist der Wahnsinn mit welcher hinfälliger Banalität man dort mitgerissen wird und die Zeile „go on the dancefloor, it’s a direct hit!“ einem die Legitimität des Tanzbeinschwingens mit dem Vorschlaghammer serviert. Einmal auf der Tanzfläche sich bewegend, kann man gleich dort verweilen, denn jetzt kommt „St. Pauli“ mit dem auf deutsch gesungenen Refrain „Punkrock ist nicht Tod“.
Beim Hören kamen in mir Erinnerungen an meine erste Begegnung mit Eddy Argos auf. Es war Januar 2006 bei einem Konzert von Art Brut in Dresden. Denn dort erwarb ich ein Tourplakat und ließ es mir von Eddy signieren. Und auf ebenjenes kritzelte er, mit einer noch nie gesehenen Sauklaue, „Punkrock ist wichtig“ hinauf. Sehr schön. Hehe.
Nachdem man nun über Tatsachen informiert wurde, kann man sich erst mal getrost der Bar und somit den kühlen Getränken zu wenden. Denn irgendwie plätschern die Songs („People in Love“, „Late Sunday Evening“ und „I will survive“) ein bisschen vor sich hin. Sie fallen eigentlich nur textlich auf.
Aber dann. Nach kurzer Verschnaufparty geht es schnurstracks wieder auf die Tanzfläche. „Post Soothing Out“ fällt durch dieses freudige Gitarrenriff auf, welches am Anfang und zwischendurch immer wieder ein Grinsen auf den Mund zaubert. Danach eine Aufforderung zum Dableiben („Blame it on the trains“). Und dies lohnt sich, denn mit „Nag Nag Nag Nag“ kommt jetzt der zweite Kracher auf diesem Album. Ein Song der die Welt auf die Größe eines Mixtapes schrumpfen lässt. Hier besingt Eddy seine Leidenschaft. Denn er stellt für sein Leben gern Mixtapes für seine Freunde zusammen.
Seinen Lebenstraum hat Eddy Argos nicht verwirklichen können, denn „Top of the Pops“ wurde abgesetzt, bevor sie bekannt geworden sind. Schade. Und was Eddy’s mangelnde Intelligenz angeht, fällt mir eigentlich nur ein Satz von Peter Licht ein: „Schauspieler sind keine Menschen, sie tun nur so.“ Hätten wir das nun auch geklärt.
Fazit: „Punkrock ist nicht Tod!“ Treffend formuliert. Denn er lebt in seiner modernen Prägung in Art Brut weiter. Eddy und seine Gang haben ein Album hingelegt, dass in Ordnung ist und ein paar Songzeilen hervor bringt, die wieder in jeder Indiebabsteige non-chalant mit gesungen werden können.
Anspieltipps:
- Direct Hit
- St. Pauli
- Nag Nag Nag Nag
- Post Soothing Out
- Blame It On The Trains
He's a bit complicated: Constantin Muhs
Es kann so einfach sein - der Beitrag.
Hier noch das Video zu “Direct Hit”: