Band: Get Well Soon
Album: Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon
Mitglieder: Konstantin Gropper
Herkunft: Süddeutschland, zurzeit wohnhaft in Berlin
Klingt wie: Beirut infizierter Pop mit auf alt getrimmter melancholischer Stimme
"...über alle Landkinder von Lehrern wird immer behauptet, sie hätten Talent, vor allem Musiktalent, aber in Wahrheit haben sie für gar nichts Talent, alle diese Kinder sind immer ganz und gar talentlos, und wenn sie ein solches Kind in eine Flöte blasen und an einer Zither zupfen [lassen] oder auf einem Klavier klimpern kann, so ist es kein Talentbeweis"
Dies schrieb der kritisch eingestellte Intellektuelle Thomas Bernhard (verstorbener österreichischer Schriftsteller, schrieb u.a. „Heldenplatz“) in seinem Prosatext „Der Untergeher“. Nachlesbar auf der MySpace Seite von Konstantin Groppers Ein-Mann Projekt „Get Well Soon“.
Viele der obengenannten Merkmale treffen auf den gerade einmal 25 Lenze zählenden Herrn Gropper zu. Er wuchs beschaulich irgendwo in Oberschwaben (zwischen Ulm und Bodensee) auf. Der Vater war Musiklehrer und verordnete seinem Sprössling somit auch eine klassische Musikausbildung in Gitarre und Cello. Im weiteren Werdegang fällt noch die Station Mannheim auf. Denn dort besuchte er die sterile Popakademie, worüber im Pressetext aber kein Wort verloren wird. Obwohl gerade dieses Bachelor-Studium sich bestimmt nicht unerheblich auf seine Fähigkeiten als Songschreiber und Arrangeur von Songs ausgewirkt hat.
Das Album ist nach klassischen Gesichtspunkten aufgebaut. Das bedeutet am Anfang ist eine Einführung („Prelude“) in das Album zuhören. Ein langsames Herantasten an die Thematik. Bis sich die Opulenz bahnbricht. Ein buntschwelgerischer Genuss, den man am besten fassen kann, wenn man den Kopf abschaltet und sich berauschen lässt – dem Titel des Albums entsprechend: „Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon.” Dieser Stil wächst und wächst mit Fortschreiten des Albums, nur das die Dur-Melodie ab und zu den Moll-Tönen weichen muss, wenn der Klezmer sich ausbreitet („You/Aurora/You/Seaside“). Unterbrochen wird diese Stimmung durch das kitschig und schlecht aufgenommen wirkende „Christmas in Adventure Parks“ und das mit Streichern und Handclaps durchzogene „People Magazine Front Cover“, welches im wunderschönen abwechselnden Gesang von seiner ebenso hochtalentierten Schwester und ihm endet. Danach ein Tango. Zwar nicht in Bad Ems, dafür auf dramatischer melancholischer Suche nach einem Hut, welcher gar nicht verschwunden ist. Der Konjunktiv macht es möglich. Oder doch das provozierte Kopfkino in „I sold my hands for food so please feed me“? Eine sich langsam steigernde Atmosphäre à la Sigúr Ros verbunden mit der Melancholie eines Zach Condon rund um das taktvorgebende Schlagzeug, in welches später die ersten Takte von Underworlds Technohymne „Born Slippy“ münden. Danach geht es über das balkaneske Duett mit seiner Schwester („Your Endless Dream“) und einer Hommage an den Soundtrack aus einen siebziger Jahre Horrorfilm („Witches! Witches! Rest Now In The Fire”) direkt in das frühlingshafte Gezwitscher von zurückkehrenden Vögeln („Ticktack, Goes My Automatic Heart“), welche sich wie ein tropfender Wasserhahn nacheinander auf den Ästen der Baumkronen niederlassen. Mit der „Coda“ endet ein 60-minütiges Debütalbum, welches vielmehr den Namen Werk tragen und als moderne Oper in Theatern aufgeführt werden sollte.
Um noch einmal auf Thomas Bernhard zurück zukommen: Man brauch wirklich kein Talent, um ein bisschen auf dem Klavier zu klimpern, in die Flöte zu blasen oder die Zither zu zupfen. Denn wahres Talent und das damit verbundene Gespür für Feinheiten zeigt sich erst in dem Arrangieren dieser einzelnen Instrumente zu einem großen Ganzen. Deshalb kann man dem „Landei“ Konstantin Gropper eine gehörige Portion an Talent attestieren.
Fazit: Es ist ein Album eines nachdenklich und traurig wirkenden jungen Mannes, der die Literatur und die Kunst, dem allwöchentlichen Rübe wegkoksen und raven um zu vergessen, vorzieht. Das er mit dieser Einstellung nicht alleine ist, zeigen einem die Alben von Conor Oberst, Zach Condon und Ólafur Arnalds. Das bemerkenswerte ist nur, dass er aus Deutschland stammt und der erste seiner Art ist, welcher das Licht der Öffentlichkeit erblickt.
Anspieltipps:
- Prelude
- I Sold My Hands For Food So Please Feed Me
- You/Aurora/You/Seaside
- Born Slippy Nuxx
- Ticktack! Goes My Automatic Heart
Get Well Soon Home: http://www.youwillgetwellsoon.com
Labelhomepage: http://www.cityslang.com/ecards/getwellsoon/
..und hier geht's zum Beitrag!
mit großer Bewunderung: Constantin Muhs