Band: Gossip
Album: Music For Men
Herkunft: Portland, Oregano, USA
Mitglieder: Beth Ditto (Gesang), Brace Pain (Gitarre, Bass), Hannah Billie (Drums)
klingt wie: Dance - Punk
Diese Band profitiert von einer Erscheinung.
Eine Erscheinung, die 1,55 Meter misst. Und dabei wohl weit über 90 Kilo auf die Wage bringt.
Nun gut, Körpergröße und Gewicht einer Sängerin sind für Musik, über die wir hier im Allgemeinen und Besonderen ja eigentlich sprechen wollen, wahrlich von eminenter Irrelevanz.
Doch sprechen wir hier nicht nur über Musik im Allgemeinen, wir sprechen über Musik im Besonderen, Musik gemacht von einer Frau namens Beth Ditto.
Eine Frau, die polarisiert. Eine Anti – Diva aus dem Underground, die auf der Oberfläche der glitzernden Modewelt wandelt. Eine Mode – Ikone (?) in XXL, die sich vom Godfather of XXS, Karl Lagerfeld, auf der Pariser Fashionweek umgarnen lässt.
Eine laute, tabulose Lesbe, die so stolz darauf ist „fat“ zu sein, dass sie sich ganz und gar unbekleidet für Cover – Titel ablichten ließ.
Die Verkörperung des erhobenen feministischen Mittelfingers gegen Schön – und Schlankheitswahn.
Beth Ditto ist ein Unikat. Ein Riot Grrrl mit medialer Überpräsenz. Und davon profitiert ihre Band Gossip.
1999 formatiert sich das Trio, nach der Flucht aus dem vom typischen Südstaaten – Konservatismus geprägtem Arkansas, in Olympia unter dem maßgeblichen Einfluss der dortigen Riot Grrrl – Bewegung.
Fortan tanzte und tourte die Band mit mächtig Disco-Punk und viel DIY – Attitüde (do it yourself – Platten, Artwork etc. wird von den Künstlern in kompletter Eigenproduktion gehandhabt) im Gepäck durch den postfeministischen Underground und begeisterte durch exzessive Live – Shows.
Der Durchbruch kam 2006, mit der Single „Standing In The Way Of Control“ und dem gleichnamigen Album.
Mit „Music For Men“ verlassen Gossip zumindest faktisch endgültig den Underground und liefern sich bereitwillig dem Mainstream aus: Majorlabel, Star – Produzent (Rick Rubin), Modenschauen.
Was ist also geblieben von der ehemaligen Punk – Attitüde, wenn die Band proklamiert: „Pop goes the World“?
Ganz klar: Disco!
Disco in Form von kühler Zurückhaltung (Dimestore Diamond)
Disco im Gewand schwülstiger Synthies, die sich hervorragend an das derzeitige 80s Revival assimilieren (Love Long Distance, Four Letter Word)
Disco im Sound DFA- artiger Kuhglocken und Percussion. (Pop Goes The World, Men In Love), Disco versehen mit Saxophon- und Streicher – Samples (Spare Me From The Mold, Vertical Rhythm)
Disco – Hits (alles)
Disco in den 70ern, Disco in den 80ern, Disco in den 90ern.
Ergibt: den modernen Sound von heute.
Vorausgesetzt, man setzt all diese Zutaten so bedacht und gekonnt ein, wie Gossip es auf „Music For Men“ tun.
Umrahmt von spartanisch eingesetzten, rhythmisch ausgeklügelten Gitarren –Riffs. Unterstützt von groovenden Basslinien. Gespickt mit popkulturellen Zitaten. Getragen von der voluminösen Stimme Beths Dittos. Sie bringt den Soul.
Und den Punk.
Denn wer - Underground hin oder her – seine Adipositas derart hemmungslos auslebt und sich fernab von den Zwängen des gesellschaftlichen Korsetts einer so konsequenten Selbstverwirklichung hingibt, der besitzt definitiv Punk – Attitüde. Auch im Licht der Discokugel. Und im Chanel – Kostüm.
Anspieltipps:
- Pop goes the World
- Love Long Distance
- 2012
- Vertical Rhythm
- Four Letter Word
Im Netz:
http://www.myspace.com/gossipband
Wanna Disco!? Wanna See Me Disco!? Johanna Eisner
fetter Femminismus auch im Beitrag