Künstler: Grimes
Album: Visions
Mitglieder: Claire Boucher
Herkunft: Vancouver, Kanada
Klingt wie: Which House &Elektro-Goth
Visionen hat ja irgendwie jeder Künstler. Die meisten bringen ihre dann auch auf einer Platte unter. So auch Claire Boucher alias Grimes, deren Visionen sich mit ihrem Umzug von Vancouver nach Montreal sicherlich vermehrt haben dürften. Anders lässt sich die Produktivität der Kanadierin (4 Veröffentlichungen in 2 Jahren) nicht erklären. Boucher versteht ihre Kunst als ein Sprachrohr ihrer selbst. Kreativität und Expressivität liegen bei ihr nah beieinander. So sprechen ihre Werke alle Sinne an, ihre Tracks bebildert sie mit stimmigen Arrangements aus Landschafts- und Charakteraufnahmen. Zusammengefügt entsteht so ein tiefgreifender Gesamteindruck.
Gleiches gilt für Visions. Dort verbinden sich vorwiegend wabernde Synthesizer-Sequenzen mit Bouchers stigmatisierender Stimme. Die gesamte Platte ist durchzogen von einem Genre-Mix aus knitterfreier Popmusik, dezent hervordringenden Elektro-Gothic-Elementen und wird rythmisch aufgelockert von Lo-Fi-Beats. Dabei erinnert alles vor allem aber auch wieder an eins: Die 80er. Diverse Verbindungen zu Björk, Enya o.ä. lassen sich nicht ganz von der Hand weisen, aber auch in der heutigen Zeit finden sich Referenzen: Austra, Soap&Skin und Fever Ray wohnen musikalisch ganz in der Nähe von Grimes. Nichtsdestotrotz erschafft Visions einen eigenen kleinen Ort, der ganz Claire Boucher zu gehören scheint, denn auch nach mehrmaligem Hören fordert einen die Platte noch. Man hat sie noch nicht ganz eingenommen. Es ist zwar leicht, sich hineinzufinden, das Umsehen bedarf aber einiges an Zeit und Reflexion. Da die Entstehungsphase von Visions, so Boucher selbst, in Verbindung mit immensem Tageslichtentzug entstand, ist es kaum verwunderlich, dass das Album etwas Klösterliches an sich hat.
Mit Visions reiht sich Grimes in die Riege einer neuen musikalisch-emanzipierten Weiblichkeit, zu der sich EMA, I Blame Coco oder auch Lykke Li zählen lassen. Allen ist eine besonders toughes Selbstbestimmtheit eigen, die ihre Songs zu kleinen, sakralen Manifesten werden lassen.
Anspieltipps:
- Vowels = Space And Time
- Genesis
- Oblivion
- Visiting Statue
Klostermannmelissengeist: Jakob Sauerwein