Band: Julia Marcell
Album: June
Mitglieder: Julia Marcell
Herkunft: Polen
Klingt wie: childish-polish-adolescent-pop
Zwei Jahre ist es jetzt her, dass die gebürtige Polin Julia Marcell mithilfe von Sellaband.com ihr erstes Album ‚It Might Like You‘ veröffentlicht hat. Auf die Unterstützung der Internetplattform ist die Ausnahmekünstlerin im Jahre 2011 nicht mehr angewiesen. Zwar stand Julia schon zur Zeit ihres Debuts auf eigenen Beinen, aber erst jetzt zeigt sich, wie gut und weit sie damit laufen kann.
Das von Moses Schneider (u.a. Beatsteaks) produzierte ‚It Might Like You‘ war hauptsächlich geprägt von dem Instrumentarium, das Julia selbst beherrscht: Klavier und Violine, verknüpft durch eine ehrlich-klare Stimme einer Singer-Songwriterin. Hier liegt der größte Unterschied zwischen ‚It Might Like You‘ und ‚June‘. Ersteres ist das kindisch-verspielte, mit Malkreide auf den Asphalt gemalte Bild einer jungen Singer-Songwriterin. ‚June‘ ist das Machwerk genau dieses Mädchens, das in den zwei Jahren aber enorm gereift ist: Während sich der erste Song mit wohlgefälligem, infantilem Gebrabbel und der trotzigen Stimme einer verzogenen Göre in die Ohren des Hörers rotzt, zeigt die darauffolgende Single Matrioszka den gewissen Grad Adoleszenz, den auch die gesamte Platte besitzt.
‚just grow up now!‘
Das hat sich Julia Marcell vermutlich selbst zugeflüstert, bevor sie die 11 Tracks für ‚June‘ geschrieben hat. In zwei Jahren passiert eine Menge, vor allem in Berlin, das sich die Polin zur Wahlheimat gemacht hat. Sicherlich ist die Metropole, die generell diktiert, was allgemein als Zeitgeist abgenickt wird, ein ausschlaggebender Faktor für den Klangwandel. Der Prozess von analoger Instrumentierung hin zur Elektronisierung ist demnach ein natürlicher und sicherlich nicht selten. Die Art und Weise, wie es Julia Marcell gelingt, dem Diktat elektronischer Vormünder zumindest teilweise zu folgen, ohne sich selbst zu verleugnen, ist dennoch etwas besonderes. Mit hundertprozentiger Treffsicherheit gelingt es ihr elektronische Elemente (wie die unverzichtbaren Synthie-Flächen, pointierte Beats) mit der Traditionalität analoger Klänge (Glockenspiele, Trommeln, Bläser) zu verbinden.
Besonders bemerkenswert ist auch die Wandelbarkeit von Marcells Stimme: hier und dort erinnert sie an die Elfenhaftigkeit von Björk (June), die leichte Ernsthaftigkeit von Imogen Heap (Matrioszka) oder die kalkulierte Derbheit von Peaches (Crows). Trotz solcher Referenzen bleibt das komplette Album über 11 Songs authentisch. Besonders sympathisch: in Echo sind sogar ein paar polnische Zeilen zu hören und allen Negativ-Beispielen sämtlicher Eurovision-Teilnehmer zum Trotz: Ja – auch slawische Sprachen können gesungen werden.
‚what´s there in my soul – you will never know, what´s inside of me – you will never see‘
Auch wenn sie es hier abstreitet, ‚June‘ ist eine wahre Offenbarung, die man nicht missen darf. Wenn Julia Marcell in Echo ‚I was raised by songs‘ singt, so kann man nur hoffen, dass kommende Generationen von ihren Songs großgezogen werden, denn sie hat ihr eigenes musikalisches Heranwachsen perfekt gemeistert. 'June' ist Kindheit, Jugend und der Blick in die Zukunft, der Blick auf ein 'Erwachsenenleben', in dem es an den ersten beiden Punkten nicht mangelt.
Anspieltipps:
- June
- Matrioszka
- Echo
- Shhh
- I Wanna Get On fire
- Aye Aye
http://www.youtube.com/watch?v=7jVk9csScOA
Julia for President: Jakob Sauerwein