Bandname: Mediengruppe Telekommander
Album: Näher am Menschen
Mitglieder: Gerald Mandl, Florian Zwietnig
Herkunft: Berlin (ursprünglich: Wien, München)
Musikrichtung: Originalzitat der Band: „Irgendwo zwischen Elektro und Punk; vielleicht Elektro mit einer punkigen Attitüde.“
Was hatte mir Florian im Interview Ende Februar noch eindringlich erklärt? „Weißt du, ich mag das Wort ‚politisch’ bei unseren Texten nicht. Im Endeffekt läuft das doch wieder nur auf das Spektrum links oder rechts hinaus... Insofern sind wir keine politische Band.“
Gut, dass das neue Album der Mediengruppe Telekommander den Titel „Näher am Menschen“ trägt; denn: wer politisch nicht völlig auf der Brennsuppe dahergeschwommen ist, wird sich daran erinnern, diesen Spruch letztes Jahr auf riesigen, orange-farbenen Plakaten lesen zu können. Darauf abgebildet: eine vom Imageberater aufgestylte Ostdeutsche, die anscheinend doch noch rechtzeitig einen Friseur gefunden hatte, der mehr als den gewohnten Topfschnitt im Repertoire aufwies. Soviel zur Anti-Politik!
So ist sie halt, die Mediengruppe... spielt mit und telekommandiert gerne die Medien – zu Recht. In einer falschen Welt mit falschen Idealen, falschen Medien und falschen Menschen braucht man einfach mal eine Band, die einem die Falschheit mit falscher Wahrheit serviert. Schön!
Das neue Album „Näher am Menschen“ hat folgendes Problem: ein geradezu überirdisches Debutalbum namens „Die ganze Kraft einer Kultur“ ist kaum zu toppen.
Und so kann ich mir schon genau die gesamte Bandbreite von Kritik vorstellen, die auf das neue Werk zurollt: von „Weiterentwicklung?“ über „kommt nicht annähernd an das erste Album ran“ und „Geschafft: Kommerzialisierung und Massenkompatibilität“ bis hin zu „Selbstverrat – wo ist die Gitarre?“. Alles Quatsch! Das sind genau die gleichen Leute, die den ersten Teil von Matrix unglaublich genial fanden und die anderen beiden Episoden wenig innovativ. Leider haben diese Kritiker die Tragweite des Gesamtwerkes nicht mal annähernd verstanden. Eine Fortsetzung kann niemals genauso überraschen wie die Premiere! (Liegt eigentlich in der Natur der Sache.) Wichtig ist: Passt die Story? Ist alles logisch durchdacht? – Antwort: JA!
Florian und Gerald haben eine neue Art deutscher Musik geschaffen. Das hat andere Gruppen inspiriert (Von Spar, Oliver Twist Kooperation, Das Bierbeben, etc.), so dass sich daraus ein eigenes Genre entwickelt hat (wer’s nicht glaubt, gönne sich bitte den Sampler Agenda 2010 auf postfucked records – ein Genuss!). Die nächste Stufe ist das gegenseitige Befruchten und das gemeinsame Erreichen eines neuen Levels.
„Näher am Menschen“ bildet dabei den ersten Schritt. Insgesamt ist das Werk elektronischer geworden, fast schon clubbig – die Gitarre tritt etwas in den Hintergrund. Die Texte sind nicht mehr so progressiv aber deswegen nicht weniger provokativ („Mein Herz ist schwarz wie deine Coca-Cola“ – Ob man da ein bisschen auf MC Lusky geschaut hat?!). Herausstechende Kracher à la „Kommanda“ oder „Trend“ fehlen auf den ersten Blick. An deren Stelle treten sich sukzessiv aufbauende Tanzungetüme, die ihr Hitgewand erst nach mehrmaligem Hören entblößen („Sprengkörper“). So gewinnt das Album bei jedem Durchlauf an Größe bis ich schlussendlich rumspringend, tanzend, singend im Zimmer beobachtet werden konnte. Ausnahme: „Bild dir deine Meinung“ – ein „ich schrei’ dir meinen Slogan ins Gesicht“-Knaller alter Prägung -> toll!
Besser geht’s nur noch auf der Bühne: bloß keine Show der beiden Wahlberliner verpassen!
Das Schlusswort gebührt heute Gerald zum mediengruppalen Singstil: „Wir schreien einfach auch gerne!“ – Ehrlichkeit währt am längsten! Wenn das nicht nahe am Menschen ist ;)
Fazit:
Nehmt euch die Zeit und hört „Näher am Menschen“ zwei, drei Mal an -> ihr werdet nicht mehr davon loskommen!
Anspieltipps:
- Bild dir deine Meinung
- Sprengkörper
- Mein Herz
- Ein kleiner Widerstand
Die Welt ist falschrum - oder du hälst sie falschrum (Tele): Sebastian Schlegel
Der Beitrag zu "Näher am Menschen"
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