Band: Menomena
Album: Mines
Mitglieder: Danny Seim (Gesang, Schlagzeug), Justin Harris (Gitarre, Saxophon, Gesang), Brent Knopf (Bass, Keyboards, Gesang, Gitarre)
Herkunft: Portland, Oregano äh Oregon, USA
klingt wie: vertrackter Indierock
Oregano ist bekanntermaßen ein Gewürz. Eines aus dem mediterranen Raum. Eines, ohne das gute Pizzen kaum existieren würden.
Dann wiederum gibt es Oregon. Das ist natürlich keine exotische Speisezutat, sondern lediglich ein Bundesstaat der USA. Westcoast is best Coast und so.
Abgesehen von einer erstaunlichen phonetischen Parallelität sind zunächst keine weiteren Korrelationen zwischen Gewürz und United State bekannt. Doch durch gekonnte Anwendung mentaler Banalitäten lässt sich eine solche ganz einfach produzieren: denn auch Oregon hat Würze. Und zwar Musikalische. Diese wächst und gedeiht vorwiegend in Portland, der Metropole Oregons. Neben exzellenten Voraussetzungen zur Rosenzucht existiert hier auch eine erstaunliche Indie- Kaderschmiede, fast schon könnte es als das Brooklyn der amerikanischen Westküste titulieren. Seattle verlor nach Ableben des Grunge an Relevanz und so siedelte sich das Musikervolk in Portland an, weshalb die Stadt nun mit beachtlichen Namedropping-Referenzen glänzen kann: Elliott Smith, The Shins, Johnny Marr (The Smiths), Isaac Brock (Modest Mouse), Stephen Malkmus (Pavement), The Decemberists, Yacht, Gossip, Portugal. The Man, Spoon, The Thermals, und ja, auch Courtney Love leb(t)en, wirk(t)en und werkel(te)n hier.
Beim fieberhaften Herbeten all dieser eindrucksvollen Independent-Heroen vergisst der gemeine Popkulturstudent schnell eine Band, die derzeit leider viel weniger Aufmerksamkeit bekommt, als sie verdient: Menomena. Schon vier Alben lang hantiert das Trio in Portland, Oregon und klingt dabei auch noch wie Oregano – extrem... ääh... spicy.
Menomena machen alles andere als faden Indierock mit öden Zutaten. Mentale Banalitäten zur Herstellung wahnwitziger Bezüge reichen dabei längst nicht mehr aus: Hier gibt es noch wahre Experimente, vetracktes Geklimper und progressives Gefrickel – was bei der ersten Kostprobe so manchen Geschmacksnerv überfordern könnte. Der risikofreudige Feinschmecker aber darf sich freuen, denn das servierte Menü ist, wie schon bereits beim Vorgänger „Friend and Foe“, nichts anderes als eine verzückt-verzwickte Popplatte, die zunächst anstrengend erscheinen mag, aber eigentlich vor allem eines ist: verdammt intelligent.
Doch auch das Viertwerk „Mines“ errichtet vorerst seine Sperren. Will nicht jeden an sich heranlassen. Wehrt sich mit verstörendem Saxophon und orientierungslosem Piano, weist zudem auch noch merkwürdige Songtitel auf (TAOS? BOTE? INTIL?). Gibt sich betont rational und verkopft. Doch darauf sollte man sich einlassen können.
Denn diie vermeintlich sperrigen Posen verbergen einiges an Melancholie und Melodie(und Rhythmus.) All zu schwer fällt die Entscheidung zwischen erhabener, erwachsener Dramatik und kindlichem Spieltrieb. Deshalb bietet die Musik beides in harmonischer Kombination. Treibende Atemlosigkeit (TAOS), vorsichtige Zurückhaltung (Queen Black Aid) , progressive Herausforderung (BOTE) oder schleppende Sprödheit (Five Little Rooms). Oder ganz einfach – alles gleichzeitig. Was jedoch niemals zu viel ist, sondern immer genau richtig.
Obendrein gibt es gut beobachtete, clevere Lyrics, die offenbaren, wovor die vorgeschobene Verkopftheit denn eigentlich so schützen soll: wegrennen wollen, sich verletzbar machen, sich verstellen müssen, sich messen sollen. „Times that I'm with you I'm really not myself, cause you don't want the truth - you want someone else“ - allgemeine soziale Befindlichkeiten eben, verpackt in ein von verschrobener Genialität zeugendes kreatives Soundgewand. Ein experimentelles Biest mit zartem Popkern. Wuchtig, schräg und schön, so wächst und wächst es zu ungeahnter Größe. Oder, um es mit den Worten der Band zu artikulieren: „underneath this fleshy robe lies a beast with no control. I fed it once - look how it's grown.“
Anspieltipps
TAOS
Oh Pretty Boy, You're Such A Big Boy
TAOS
Killemall
Sleeping Beauty
TAOS
Queen Black Aid
Dirty Cartoons
TAOS
verkopft: Johanna Eisner
Mehrteilige Dokumentation über Portlands Musikszene:
http://www.wk.com/wke/show/dont_move_here
Nebenprojekte:
Lackthereof (Danny Seim): http://www.myspace.com/lllackthereof
Ramona Falls: (Brent Knopf): http://www.myspace.com/ramonafalls
Band: http://menomena.com/
Interview mit Danny:
http://www.umagazine.de/artikel.php?ID=1066102
entzückender Indiekram:
http://www.blogotheque.net/Menomena,3436
ultimativer VA- Tipp:
http://www.popwolf.de/20-jahre-city-slang-festival-berlin-admiralspalast-november-2010/2799/
- 20 Jahre City Slang mit Yo La Tengo, Lampchop, Calexico, Broken Social Scene, The Notwist ... UND Menomena -
Und hier der würzige Beitrag.