Band: Mystery Jets
Album: Serotonin
Herkunft: Twickenham, England, UK, Europe, Google Earth
Mitglieder: Blaine Harrison (Sohn), William Rees, Kai Fish, Kapil Trivedi, (Henry Harrison (Band-Advicer))
Klingt wie: gute britische Popmusik, die den 80er Jahren sowie Daddy huldigt und die Ausschüttung von Glückshormonen initiiert
Blut ist dicker als Wasser. Und so kam es, dass sich die Mystery Jets nicht, wie all ihre 683029301 britischen jungen Bandkollegen am College oder im Sandkasten gründeten, oder gar trunken im Pub beschlossen, fortan gemeinsam Musik zumachen, nein, die Mystery Jets entstanden ganz zivilisiert und nahezu spießig als traditionelles Familienunternehmen. Keine ewig zwistenden Brüder, sondern Vater, Sohn und die heilige Band, der sich drei weitere Mannen anschlossen. Nun ist der Vater (Mr. Henry Harrison) seit geraumer Zeit ausgeschieden, Sohn und heilige Band blieben jedoch bestehen, allerdings nicht ohne die väterlich schützende Hand, die Sir Henry mit seinem fachmännischen Beraterposten über die Jungs hält.
Dieser verwies sie kürzlich anscheinend ganz behutsam auf diesen neuen Trend, ein gewisses, noch nicht allzu lang vergangenes Jahrzehnt musikalisch und überhaupt wieder aufleben zulassen. Zumindest präsentiert sich auch das Drittwerk der britischen Popper als 80er Jahre infiziertes, vielschichtiges Popalbum, das den verlockenden Namen „Serotonin“ trägt. Und so besingt auch der dazugehörige, herausragende Titelsong das schöne Hormon Serotonin, das tolle Dinge mit Herz, Hirn und Verdauungstrakt anstellt, Unruhe stiften, Euphorie ausschütten, Halluzinationen verursachen kann und vom Volksmunde liebevoll als „Glückshormon“ bezeichnet wird.
Genau diese Wirkung versuchen die Mystery Jets nun mit ihrem neuen Album zu erzeugen. Deshalb setzen sie mit „Alice Springs“ einen Opener, der wild gestikulierend mit Prog-Rock spielt, großspurig verschachtelt auf die Kacke haut, nichts scheut und fast im progressiven Popkitsch mündet. Aber eben nur fast: Das Quartett aus London reizt seine Möglichkeiten zur Kitschproduktion zwar hin und wieder ziemlich stark aus, überschreitet dabei aber nie die Geschmacksgrenzen. So auch im sentimentalen Schmachtfetzen „Too Late To Talk“, der verpassten (Kommunikations-)Gelegenheiten hinterher trauert und sogar dramatisierendes Wolfsgeheul zum Einsatz bringt, obwohl man im Allgemeinen weiß, dass es doch eigentlich nie zu spät ist. Doch anscheinend haben sie richtig erkannt, dass guter, stilvoller Kitsch, falls es diesen überhaupt gibt, viele Menschen mit heimlicher Glückseligkeit erfüllt.
Ansonsten schüttet Serotonin bei den Mystery Jets treibenden New Wave (The Girl Is Gone, Serotonin), schwülen Discosound (Show Me The Light) oder beschwingt-optimistischen Retro-Powerpop aus. Markiert wird das musikalische Streben nach Glück vom bereits besagten Opener und einem nicht minder imposanten letzten Song (vielleicht könnte man es neumodisch sagen, also „Closer“). Mit „Lorna Doone“, einem treibenden, wuchtigen Song, der ein wenig an Clap Your Hands Say Yeah und Arcade Fire erinnert und beweist, dass einfacher, doch epischer Indierock wirklich glücklich machen kann.
Anspieltipps:
- The Girl Is Gone
- Lorna Doone
- Serotonin
- Show Me The Light
- Lady Grey
Eating Psychocandy: Johanna Eisner
Band:
http://www.myspace.com/mysteryjets
Glück
http://de.wikipedia.org/wiki/Serotonin
Das Mysterium der 70er und 80er hier noch mal als Beitrag