Bandname: Olli Schulz & Der Hund Marie
Album: Warten auf den Bumerang
Mitglieder: Olli Schulz – Gesang, Gitarre; Max Schröder (Der Hund Marie) – Gitarre, Tasten, Schlagzeug, Gesang; Dennis Becker (Tomte) – Gitarre, Bass, Tasten; André Frahm (The Dance Inc.) – Schlagzeug
Herkunft: Hamburg/Berlin, Deutschland
Musikrichtung: Der beste Songschreiber Deutschlands
Alles fühlt sich so fremd an
doch wir sind beide per du
du schweigst so gerne
ich höre so gerne zu
Da haben wir einen absoluten Olli Schulz-Experten in der Mitte unserer Musikredaktion aber der hat leider keine Zeit. Grüße nach CZ an dieser Stelle!
Also bleibt die Scheibe an mir hängen. Jammernd frage ich mich selbst: warum gerade an mir? – Nicht falsch verstehen! Ich liebe das dritte Album von Schulz und Co. Aber ich habe meine eigene Geschichte zu diesem Werk; eng verknüpft und unabkoppelbar. Nein, es ist mir einfach geradezu unmöglich eine objektive Rezension zu diesem Album abzugeben. Klar, CDs der Wochen sind immer ein bisschen subjektiv. Dieser „Bumerang“ ist aber einfach zu persönlich. Zu treffend – zu genial...
Immer dann wenn du fort musst
wünsch ich Du würdest bleiben
denn du kennst meinen Teufel
und du kannst ihn austreiben
Wie kann man nur so perfekte Texte schreiben?!? Vielleicht interpretiere ich einfach nur zu viel herein; was soll man sonst aber auch machen, wenn du Lieder hörst, die deine Lebenssituation so präzise wiedergeben? Nie hat mich ein Album so getroffen wie dieser „rückkehrende Bumerang“ – Absender Olli Schulz und sein Hund Marie.
Schritt für Schritt folge ich deinen Worten
Schritt für Schritt geh ich mit Dir mit
denn ich weiß Du kennst Gefühle
die sind mir selber unbekannt
Olli gibt uns die Möglichkeit aus uns selbst herauszutreten. Analytisch beschreibt er unsere Situation, präsentiert uns das Leben aus der Vogelperspektive und ist doch gleichzeitig so nah dran – beängstigend ... beeindruckend. Trocken vertont er Alltagssituationen, Menschheitsprobleme und Gefühlsverfassungen – man müsste heulen, wenn es nicht so schön wäre ... oder gerade deswegen. Beschrieben wird die Tristesse; aber es erfolgt keine Depression. („Sie wollte es ganz anders; das Schicksal aber nicht. Es blieb ’was auf der Strecke und sie weiß – das bin wohl ich.“) Melancholie? Vielleicht – ein bisschen. Den Unterschied macht die Grundeinstellung: Melancholie ist, das Bewusstsein über die Traurigkeit zu bewahren und die Fähigkeit im selben Moment darüber süffisant lächeln zu können.
Der lächelnde Olli blickt uns in das Herz, besingt dabei unsere Gedanken, die wir nicht auszusprechen wagen. Er ist so offen und ehrlich; beinahe ansteckend. Schlussendlich tröstet er uns mit einer Vision der unzerstörbaren Hoffnung. Ob er selbst an sie glaubt, verrät er nicht.
Du machst dir viele Sorgen
was ich nicht ändern kann
doch der Mut meiner Dummheit
bringt uns beide voran
Kurz zusammengefasst, was alle anderen Rezensionen auch sagen:
Wir sind ein ganzes Stück weg vom „Beigen Album“, dem Vorgänger des „Bumerangs“. Aus Olli ist eine Band geworden. Und so klingt auch die Scheibe: breiter instrumentiert – man hört Chöre, ein Orchester und eine Jazzband; noch ein Stück ernster – die lustige Entertainernummer ist Geschichte. Insider werden trauern; wo sei der alte Olli? (Für diese Fraktion ein Geheimtipp: holt euch das Soloalbum vom Hund Marie „Hooligans & Tiny Hands“) Auf der Suche nach Konstanten – Weiterentwicklung als Schreckenswort in einer Welt voller Bewegung, Flexibilität und Innovation. Ollis Weiterentwicklung – musikalisch, textlich und somit wohl sicher auch menschlich – ist das größte Glück, das uns je widerfahren hätte können. Zugegeben: Olli wagt den Schritt näher zum Pop; größeres Label, qualitativ und quantitativ professioneller produziert. Nein, Herr Schulz wird nicht massenkompatibel – er war es schon immer, nur hat das keiner gemerkt, außer er selbst. Warum soll das auch schlimm sein? Soll die Masse doch tolle Musik hören!
Immer dann wenn du Angst hast
werde ich größer und laut
wir tragen uns beide
ganz langsam hier raus
Wichtig ist nur die Authentizität!
Olli und der Hund wissen worüber sie singen und können dies musikalisch perfekt untermalen. Der Mann erlebt, was er textet; er fühlt was er singt. Ein akribischer Beobachter ist er. Und es ist ihm vergönnt, dies auch noch auf eine einzigartige Art und Weise zu verarbeiten – treffend doch simpel, ausgefeilt doch verständlich, dazu noch stetig überraschend und mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Das macht Olli zum besten Songschreiber Deutschlands.
Schritt für Schritt folgst Du meinen Worten
Schritt für Schritt gehst Du mit mir mit
denn Du weißt ich kenn Gefühle
die sind Dir selber unbekannt.
Fazit:
Weg von anderem Rezensionsgelaber! Was ihr gerade lest ist die persönlichste Plattenkritik, die ich je von mir gelassen habe. Ersetzt alle allgemein gehaltenen Personalpronomen durch „ich“ oder „mein“ und wenn ihr nochmals drüber lest – und dabei hoffentlich das beschriebene Album hört –, dann entdeckt ihr vielleicht euch selbst wieder; so wie ich mich entdeckt habe. Damit hätte ich mein Ziel erreicht und euch hat das Album wenigstens ebenso berührt wie mich. Ich danke für eure Aufmerksamkeit!
Anspieltipps:
alles
Die Offenheit dieser Rezension spiegelt meine derzeitige Gefühlslage wider. Und deshalb ist diese Plattenkritik zum ersten und mit Sicherheit auch letzten Mal einer bestimmten Person gewidmet.
Danke, Olli, für die öffnenden Worte! : Sebastian Schlegel
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Und hier gibt’s Hörproben und noch mehr Infos im Audioformat