Chillwaver: Toro Y Moi
Album: Underneath The Pine
Herkunft: Columbia, South Carolina, USA
Mitglieder: Chazwick Bundick
Tags: MacBook-Pop, Post-Chillwave, Polaroid
Nachhören: http://www.myspace.com/toroymoi
Polaroid ist Pop: nichts verkörpert den Zeitgeist aktueller Popmusik so stark wie das analoge Sofortbild. Pop knallt nicht mehr bunt oder glänzt steril, Pop ist seit vergangenem Jahr vielmehr ein sepiafarbenes Abbild seiner selbst, eine nostalgisch verwaschene Momentaufnahme.
Eine Neuerfindung – mit Rückwärtstrend. Im digitalen Zeitalter liegt die Suche nach Authentizität nun im Analogen. Was heute hip sein will muss knacken und stark rauschen, braucht viel Hall und eine möglichst geringe Aufnahmequalität, kurz: Lo-Fi. Retro war 2001. Gitarren und Garagen. 2011 ist Vintage. Lomokamera und KORG-Synthesizer.
Und so sprießen seit Ende 2009 unzählige Bands und Künstler aus den Untiefen der Blogosphäre, die entweder psychedelischen Surf-Pop, jammelnden Lo-Fi oder verträumten 80er Jahre Elektropop fabrizierten. Oder eben irgendwie alles gleichzeitig. Bei den modernen Meinungsmachern des Web 2.0 schrillten die Hype-Glocken: ein neues Genre musste her, um die musikalische Innovation schubladisierbar zu machen. Und so war es Hipster-Gott Carles, der auf seinem Blog Hipster Runoff diesen undefinierten, ein wenig provokativen Begriff prägte, der fortan überall getaggt wurde, wo irgendwas mit Synthies passierte: Chillwave. Die Verschlagwortung einer Art von Musik, die irgendwie eine ungefähre Mischung aus LoFi, Elektronika, Dreampop und New Wave summierte zog einen langen Schwanz weiterer fragwürdiger Subgenres mit sich. Und so las man überall von Glo-Fi, Balearic, Dreamwave und letztendlich sogar von Witch House.
Die Achse des Hippen bildeten Acts wie Neon Indian, Washed Out und eben Toro Y Moi, die sich jedoch jeglicher Genrefizierung verweigerten und stets die Kurzweiligkeit des mal eben schnell aus dem Boden gestampften Genres betonten.Toro Y Moi ist nun der erste aus der Riege der neuen Synthiepo-Stars, der den Hype nicht etwa abklingen lässt, sondern ambitioniert nachlegt, sodass oben besagter Blogger schon begeistert proklamierte: „chillwave never dies!“
Underneath The Pine, das quasi erste Album nach der großen Chill-Wave, gestaltet sich zunächst wesentlich poppiger und zugänglicher als die vertrackten Beats seines Vorgängers (Causers Of This) – aber die musikalischen Basis-Zutaten bleiben die gleichen: verwaschene Synthieflächen, funky Basslines und verschwommene Vocals, zusammengefügt zu kleinen Popkonstrukten.
Doch die neue Melodieverliebtheit und das vermehrte Spiel mit psychedelischen Elementen wirken auf den Sound wie ein Weichzeichner, der die Leichtigkeit der vorherigen Platte noch einmal um ein Vielfaches multipliziert.
Im Ohr des Hörers bleibt ein filigranes Flirren, das ab und an auch mal in sphärische Psychedelik abdriften kann (Elise) und dann wieder tanzbare Gefilde (New Beat, Still Sound) ansteuert. Kurzum: der perfekte Soundtrack für das nahende Frühjahr.
Bundswick zeichnet seine Musik mit einer leichten, weichen Feder und entwirft somit feine Linien, die er anschließend hier und da kunstvoll verwischt. Somit entsteht eine Art Skizze von moderner Popmusik: flüchtig, spielerisch, erfrischend. Ein Entwurf – unfertig, aber voller vielversprechender Andeutungen, für die man in naher Zukunft vielleicht mal wieder ein neues Genre erfinden muss.
Anspielen:
- Elise
- Still Sound
- New Beat
- How I Know
I play synth... we all play synth: Johanna Eisner
bloggin'
chill-wellen-reiten
http://en.wikipedia.org/wiki/Chillwave
polaroids:
http://www.gorillavsbear.net/category/polaroid/