Bandname: Ty
Album: Closer
Mitglieder: Ben Chijioke
Herkunft: London, England
Musikrichtung: British HipHop
Ich gebe es ja zu: Radio UNiCC ist nicht gerade euer HipHop-Radio. Umso verwunderlicher zumal ich selbst eigentlich einst dieser Musikrichtung äußerst zugetan war. Woran liegt’s? Vielleicht weil HipHop zur Karikatur von sich selbst verkommen ist?! Weil die Klischees immer noch schlimmer bedient werden?! Witzfiguren mit Goldketten rappen stereotyp über Frauen oder wahlweise Autos und battlen andere Witzfiguren in Fubujacken, in denen sie aufgeplustert wie ein Gockel aussehen...
Nicht unbedingt ansprechend für ein Alternativeradio, das hauptsächlich von anderen wenn auch ebenso stereotypen Indietüten mit Seitenscheitel und Ringelshirt beherrscht wird – ich nehme mich selbst da nicht aus ;)
Zeit mal wieder diese Barrieren zu durchbrechen und die Ringelshirts und Fubus zusammenzuführen – ein Versuch ist es wert.
Ty passt in keines der beiden genannten Lager. Beste Voraussetzungen von beiden gehört zu werden. Ty ist HipHop, wie man ihn sich wünscht: unaufgeregt, relaxt, witzig und einfallsreich. Es muss daran liegen, dass Ty von der Insel stammt. Mögen die Engländer den US-Amerikanern in so vielen Sparten als möglich ähneln, beim HipHop haben sie ihr eigenes Ding entwickelt. So verwundert es keinesfalls, dass die Reihe Saul Williams und Dizzee Rascal fortgesetzt wird durch Ty. Ty ist nur nicht so bekannt wie die anderen, was eigentlich verwundert, denn „Closer“ ist bereits sein drittes Album. Und mit seinem zweiten Werk „Upwards“ war er 2004 immerhin für den Mercury Music Prize nominiert (wir rufen uns in Erinnerung: Gewinner in diesem Jahr waren die Arctic Monkeys).
Los geht’s auf „Closer“ mit ’nem dicken Arschtreter! „Don’t Watch That“ ist die Single und die wohl beste HipHop-Nummer dieses Jahres – so smooth und gleichzeitig mit so viel Fahrt... Und ähnlich fährt Ty fort. Das liegt mitunter natürlich auch an den durchaus beeindruckenden Features, z.B. Speech von Arrested Development in „This Here Music“ oder De La Soul im Track „The Idea“. „Oh!“ schreit noch mal die Ungerechtigkeit der gesamten Welt raus, während „Sweating For Your Salary“ eine geniale Hook so witzig rüberbringt, dass man ein Schmunzeln auf der Tanzfläche nicht unterdrücken kann.
Man merkt Ty in jedem seiner Stücke an, dass Rap und Texte nicht nur seine Freunde, sondern seine Geliebten sind. Nicht umsonst treibt er sich häufig auch auf Poetry Slams herum – da muss ein gewisser lyrischer Anspruch vorhanden sein.
Fazit:
Premiere! Die erste HipHop-Platte 2006 als CD der Woche! Die lohnt sich aber auch und reiht sich perfekt ein in UNiCCs kleine aber feine Auswahl dieses hier unterrepräsentierten Genres (zumindest bei der CD der Woche): Puppetmasters, Too Strong, K-oS und nun Ty.
Anspieltipps:
- Don’t Watch That
- Oh!
- Sweating For Your Salary
- Sophisticated And Coarse
Ringelshirt und Fubujacken-Träger ;) : Sebastian Schlegel
Aufruf an die Indiegemeinde! Hört doch einfach mal rein in den Beitrag...