Es ist viel los an diesem Samstagabend in Berlin. Die Innenstadt ist durch die Großveranstaltung #Unteilbar völlig überfüllt, das ein oder andere Event ist parallel dazu auch noch und auch über den Tempelhofer Damm walzen sich die Blechströme. Nicht wenige davon mit Kennzeichen aus dem halben Osten der Republik, welche auch prompt irgendwo beim Platz der Luftbrücke versuchen ein passendes Plätzchen zum Parken zu finden, um sich dem Besucherstrom zur Columbia Halle anzuschließen. Schon beim Näherkommen, merkt man recht deutlich, dass heute scheinbar eine Band mit längerer Geschichte auf der Bühne stehen wird. Und ja, mit bald 40 Jahren Bandgeschichte und einer Debüt-Single, die seinerzeit international hohe Chartplatzierungen erreichte, kann Kim Wilde auf so einige große Erfolge und besondere Konzerte zurückblicken. Bekannt für großartige Shows, heißt es auch heute wieder für die "Princess of Pop", langjährige Fans zu begeistern und selbst dabei einen tollen Abend zu haben. Die Bedingungen hierfür sehen gut aus. Ursprünglich für das kleinere Huxley's Neue Welt gebucht, wurde das Konzert schon bald nach Vorverkaufsstart hochverlegt in die Columbia Halle. Und auch diese ist zum Konzertbeginn sehr gut gefüllt.
Kurz nach 20 Uhr gehen im Saal die Lichter aus. In dunklem blauen Licht gehüllt, betreten nach und nach die Musiker die Bühne und stimmen die ersten Akkorde von Stereo Shot an. Als Kim im Rampenlicht die Bühne betritt geht ein Jubel durch die Menge und es ist sofort klar: hier ist Energie in der Menge, der Abend kann eigentlich nur klasse werden. Das Set ist sehr abwechslungsreich gestaltet. Balladenhaftere Songs gehen über in rockige Diskonummern, Songs der älteren Scheiben reihen sich an neue Songs von Here Come The Aliens.
Um das Publikum recht weit zu Beginn zu testen, steht eine der größten Nummern der Britin direkt an fünfter Stelle des Sets: Cambodia. Und ja, das Publikum hält, was es mit dem ersten Jubel am Anfang des Konzertes versprach: überall in der Halle wird der Song gefeiert und man singt und tanzt mit. Die Band gibt sich aber auch alle Mühe, den Song wesentlich kraftvoller zu spielen, als noch das Original 1981 auf der LP wirkte. Hierbei hilft aber auch die Zusammenstellung der Musiker und Instrumente. Warum sollte man technisch aus einem Drum Set mit besonders vielen Mikros und Double oder Tripple Bass mehr Druck rausholen, wenn man doch gleich mit zwei Drummern arbeiten und so schon mal den Klang und Rhythmus der Drums noch etwas aufblähen kann. Definitiv nicht die schlechteste Idee. Auch gibt Scarlett Wilde, die seit Here Come The Aliens mit zur Band gehört, mit ihren Background Vocals den Songs nochmal neue Würze. Dass die Musiker zudem offensichtlich Spaß an dem haben, was sie auf der Bühne leisten, gibt der Show noch das I-Tüpfelchen. So kann es sich auch der Star des Abends nicht nehmen lassen, ihre Band mehr als einmal zu loben und sich zu freuen, mit so talentierten Musikern zusammenarbeiten zu können. Und dass diese Truppe gut zusammenarbeiten kann, wird auch immer wieder deutlich. So bewegt sich Scarlett Wilde häufiger von einem Musiker zum anderen, singt mit ihnen zusammen oder witzelt ein wenig rum und zieht damit zugleich auch die Aufmerksamkeit dezent auf die naturgemäß eher im Hintergrund agierenden Drummer. Ebenso tanzt auch Kim Wilde über die Bühne, steht mal mit dem einen, mal mit dem anderen Gitarristen zusammen und hält auch ihnen schon mal das Mikro mit hin. So spielt man sich etwa eine knappe Stunde durch den ersten Teil des Sets, welcher in Summe vor allem vom aktuellen Album bestimmt wird. Zugleich merkt man aber hier auch, dass das Publikum sich noch nicht so richtig mit dem neuen Material identifizieren kann. Klar, es gibt nach jedem Song viel Applaus, aber nicht immer kommt so richtig Bewegung in die Menge.
Etwas ruhiger wird es dann nochmal in der Mitte des Sets, als die halbe Band die Bühne verlässt und Familie Wilde zu einer Akustik-Session lädt. So singen Kim und Scarlett erst nur von Ricky auf der Akustikgitarre begleitet später dann mit einsetzen Piano und dezent jazzigen Percussions unter anderem Hey Mr. Heartache, Four Letter Word und Rosetta.
Anschließend wird aber der Taktzähler direkt wieder ordentlich angezogen und Cyber Nation War wird performt. Aber nicht in der bekannten Album-Version, nein ein Remix soll es sein, welcher auf einer 12" LP noch veröffentlich werden soll. Dieser spricht gefühlt eher das jüngere Publikum an und ist ein sehr gelungener Mix aus ziemlich fetten Gitarrenwänden und massiven Dubstep-typischen Breakdowns, kombiniert mit einer sehr gut passenden Lichtshow.
Nach diesem recht elektrolastigen Intermezzo geht es auch direkt wieder einige Jahre zurück in der Discographie, wo man erst View From A Bridge und dann Chequered Love aus der angestaubten Plattenkiste zaubert. Spätestens bei Chequered Love steht dann aber auch auf den oberen Rängen alles und tanzt mit... ganz so wie wahrscheinlich auch schon zu Jugendzeiten in den Discos der 80er Jahre. Hier hat Wilde in der Auswahl der Setlist definitiv alles richtiggemacht.
Nun, was fehlt noch, um das Set rund zu machen? Ja genau, You Keep Me Hangin' On, welcher erstmal der letzte Song der alten Zeiten sein soll bevor die Band mit 1969 vom aktuellen Album die Bühne unter viel Applaus und Jubelrufen verlässt.
Da das Saallicht nicht wieder angeht, muss wohl trotz bereits gut anderthalbstündiger Spieldauer, noch eine Zugabe kommen. Diese wird auch prompt mit Pop Don't Stop eingeleitet. Welcher Song nun noch kommen muss, kann man sich eigentlich an einer Hand abzählen. Die Zeiger der Uhr bewegen sich langsam Richtung 10, die zwei Stunden Spieldauer sind bald erreicht, das Publik wirkt bereits sehr zufrieden. Na da kann man ja jetzt Kids In America anstimmen und die Menge nochmal richtig schön feiern lassen bevor man sie von einem einfach perfekten Konzertabend in die Nacht entlässt.
So hat Kim Wilde wieder einmal bewiesen, dass sie ein sehr gutes Händchen für das Showgeschäft hat, schlicht keine Wünsche der Fans offenlässt und auch irgendwo musikalisch mit der Zeit geht und somit nicht nur die seit Jahrzehnten treuen Fans, sondern auch das jüngere Publikum abholt und ein erstklassiges Konzerterlebnis bieten kann. Da freut man sich schon auf die nächste Tour der Britin durch Deutschland.