Die Sonne steht wieder hoch am Firmament und ist bereits fleißig dabei, das Rockharz Open Air zu braten, als die erste Formation die Bühne betritt und den dritten Festivaltag eröffnet.
Vlad In Tears stehen energiegeladen auf der Bühne, bereit ihren Gothic Rock unters Volk zu bringen und die Menge von ihrer Schläfrigkeit zu befreien. Vor der Bühne ist noch nicht so viel los, vielleicht 100 Leute, aber diese haben Bock und feiern zusammen mit der Band den Start in den Tag.
Das bisher locker gefüllte Plätzchen vor der Bühne sollte aber bereits mit der nächsten Band einen ordentlichen Zulauf bekommen. Kambrium standen als zweite Band des Tages auf dem Programm und hatten neben ihrem flotten, mitreißenden Epic Death Metal vor allem verdammt viele Fans im Gepäck. Klar, man spielt hier einen gewissen Heimvorteil aus. Aber vor allem die Chemie zwischen Band und Publikum stimmte! Und so gab es direkt zu Beginn des ersten Songs eine Wall Of Death und einen Pogo nach dem anderen. Da schaukelt sich die Euphorie auf beiden Seiten zu Höchstformen auf und die Band kam aus dem Staunen und Bedanken bei den Fans gar nicht mehr raus. Was wäre das für ein Hexenkessel geworden, hätten Kambrium doch ein paar Stunden später gespielt? Es wäre auf jeden Fall extrem lustig geworden. Wir können gespannt sein, was die Band in Zukunft noch so leisten wird.
Die darauffolgenden Cypecore haben nun leider mit etwas Publikumsschwund zu kämpfen. Das Bühnenoutfit der Sinsheimer lässt neugierig machen, der Sound groovt ordentlich, aber die Wirkung ist zu dieser Stunde irgendwie dahin. Das spiegelt sich leider auch im Publikum wieder: von aktiven Headbangern bis neugierigen Zuhörern ist alles dabei, nur der fette Groove in der Gesamtmenge fehlt irgendwie. Nichtsdestotrotz liefern Cypecore ein solides 30-minütiges Set ab.
Die nun folgenden Ewigheim haben sich dem soliden klassischen Gothic Rock verschrieben. Trotz Mittagshitze breiten sie ihre düsteren Melodien über das Gelände und ziehen das Publikum in den Bann. Klar, hier stehen auch Musiker auf der Bühne, die diese Art von Düsternis nicht nur in einem Projekt zelebrieren, sondern gleich in mehreren. Entsprechend authentisch geht dieses Set vorüber.
Nach dem bisherigen Großaufgebot an Geknüppel und Melancholie ist es nun Zeit für die erste Stimmungskanone in Form der Irish-Folk-Punker Firkin aus Ungarn. Mit Querflöte, Geige, flotten Riffs und rhythmischen Drums wurde die Menge zum Tanzen angetrieben. Dazu passend gab’s auch wieder mal eine schöne Dusche aus dem Wasserschlauch der Secruities, was nicht Wenige veranlasste, das kühle Nass auch zu nutzen und unter dem künstlichen Regen weiter zu tanzen. Respekt hier an die Band, dass sie es trotz der Hitze schaffte, die Menge so sehr in Fahrt zu bringen.
Für uns war hier eine gute Gelegenheit mal ein wenig über das Gelände und hoch zur Teufelsmauer zu schlendern. Diese kleine Wanderung kann man einfach jedem empfehlen, denn wann hat man schon mal die Gelegenheit das besuchte Festival von oben zu betrachten? Auf unserer Rücktour gaben Ohrenfeindt gerade die letzten Lieder ihres Sets zum Besten, welches, den vielen Fäusten und hoch gestreckten Händen nach zu urteilen, gut beim Publikum ankam.
Weiter ging es dann mit Unzucht. Die Hannoveraner hatten dieses Jahr das Los gezogen, mal im Regen spielen zu dürfen. Das störte aber die wenigsten im Publikum, war die Abkühlung zum einen recht willkommen, zum anderen auch nur von kurzer Dauer. Die Band selbst waren fast schon etwas begeistert von dem Zustand, spielte man damit nach eigener Aussage nun zum allerersten Mal bei Regen. Die zahlreichen Fans erfreuten sich aber einfach an dem Konzert und applaudierten immer wieder kräftig.
Einmal im Großsegment der Neuen Deutschen Härte angekommen, blieb es auch gleich mit dem nächsten Act dabei - Ost+Front folgten nun im Programm. Mit treibenden Riffs und eingängigen Drums feuerte die Band das Publikum. Dazu eine gewohnt provokante Bühnenshow, welche aber bereits beim Eröffnungssong "Fiesta de Sexo" ins Lächerliche abgleitet, als Keyboarder Eva Edelweiß nicht nur einmal sein Genital entblößt. Naja, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Die Menge feiert die Band auf jeden Fall ordentlich.
Vollgas geben auch direkt die nächsten Musiker, welche die Bühne betreten. Varg steht in den Startlöchern, bereit ihr 45-minütiges Set so effektiv wie möglich zu nutzen. Und so bangen sich Publikum und Band einen Wolf und rocken so richtig. Treibende Mucke die direkt ins Ohr geht und am Ende viele glückliche Gesichter auf dem Weg zur nächstbesten Biertränke hinterlässt.
Langsam bricht nun auch der Abend an und irgendwo drängen sich auch schon die ersten Gedanken an ein paar fette Headliner bzw. Nachtbands in den Kopf, aber vorher dürfen noch Lord Of The Lost ihr Können unter Beweis stellen. Dies zeigen die Herren um Frontmann Chris Harms auch deutlich und machen den härteren Songvorlagen des heutigen Tages alle Ehre und steigen ebenso mit den eher schrofferen Songs ihres letzten Albums "Empyrean" ein. Den zahlreichen Fan und immer größer werdenden Publikum wird ein kraftvolles, mitreißendes Set präsentiert, was erstaunlich wenige cleane Vocals bereithält, dafür aber die Metal Gemeinde umso besser anspricht. Gereckte Fäuste und stimmgewaltiges Mitsingen ist das Resultat.
Melodischer wird es direkt im Anschluss als Beyond The Black die Bühne betreten. Wie aus dem Nichts heraus hat man vor zwei Jahren noch altehrwürdige Metalschuppen bis zum Bersten gefüllt, heute nun also der Versuch auf dem Rockharz. Vor einer immer größer werdenden Menge beginnt man das Set mit Songs vom letzten Album "Lost In Forever", aber so recht will der Funke noch nicht überspringen. Erst mit dem Motörhead-Cover "Love Me Forever" fallen die letzten Barrieren und Metalheads geben sich der Musik von Jennifer Haben und ihren Jungs hin.
Weitaus einfacher mit dem anspruchsvollen Publikum des Rockharz Open Air hat es jedoch die folgende Formation. Pain geben sich die Ehre und sind in Bestform, gefühlt mit dem ersten Riff von Peter Tägtgren in seiner Zwangsjacke kocht die Meute. Selten durfte ich so ein energiegeladenes Set der Schweden erleben, was zudem auch noch Gespickt war von Hits. Da lässt es sich das Publikum natürlich nicht nehmen auch entsprechend mitzusingen, rumzuspringen und zu moshen! Pain sind und bleiben einfach eine absolute Granate im Live-Betrieb!
Nach diesem bombastischen Konzert ist nun erstmal Zeit für einen Stilwechsel, anders wäre es wahrscheinlich auch schwer die Stimmung so ausgelassen hoch zu halten. Die Hamburger Dark Rocker von Mono Inc. stehen in den Startlöchern und werden von einem richtig gut gefüllten und euphorisierten Infield begrüßt. Auch Mono Inc. geben von Anfang an Vollgas und präsentieren erstmal Songs ihrer aktuellen Scheibe "Together Till The End", womit sie direkt beim Publikum punkten. Auch für Fans älterer Veröffentlichungen ist mit "Temple Of The Torn" oder "This Is The Day" etwas mit im Gepäck und wird mit lauten Gesängen aus den Publikumsreihen dankend quittiert. Dass die Dark Rocker nicht nur kleine familiäre Konzerte, sondern auch große Festivals erfolgreich bespielen können, haben sie auch hier beim Rockharz wieder einmal bewiesen und konnten gut gelaunt und zufrieden nach ihrem einstündigen Set die Bühne verlassen.
Die letzten Klänge von Mono Inc sind noch nicht mal richtig vorbei, da steht bereits eine große Menge an Musikbegeisterten vor der anderen Bühne. Man könnte meinen es ist Zeit für den Tagesheadliner. Aber nein, Iced Earth stehen als nächstens auf dem Tagesprogramm und das Publikum kann es sichtlich kaum erwarten, dass die Thrash Metaller aus Florida in die Saiten hauen. Mit ihrem neusten Silberling "Incorruptible" im Gepäck machen sich die Amerikaner um Mastermind Jon Schaffer daran, einen Kracher nach dem anderen auf die Bretter zu zimmern und treffen damit voll und ganz den Nerv der Festivalbesucher. Aber nicht nur energiegeladen bis zum Letzten können die Herren, auch melodisch, balladenhaft kann es bei ihnen werden. So dürfen natürlich Songs wie "I Died For You" oder "Watch Over Me" nicht fehlen und runden das großartige Set auf wunderbare Weise ab.
Nun ist es aber Zeit für den Tagesheadliner. Wenn Heaven Shall Burn irgendwo angekündigt sind, dann ist ein amtlicher Abriss garantiert. So auch auf dem Rockharz, wo ein Kracher nach dem anderen geliefert werden. Schön verpackt in eine aufwändige, von Lichteffekten und Pyro untermalte Bühnenproduktion. Mit Songs wie "Hunters Will Be Hunted", "Endzeit" oder "Counterweight" wird das Publikum nochmal so richtig angeheizt. Circle Pitts, Crowdsurfer und auch mal wieder eine zünftige Wall of Death sind hier Selbstverständlichkeit und treiben die Fans nur noch mehr an. Es knallt wo es nur geht, jedoch einen Wehmutstropfen muss vergossen werden: das fette Blind Guardian Cover "Valhalla" wurde leider nicht angestimmt. Naja, dann muss man wohl doch auf das Original am nächsten Tag warten....
Mit etwas Verspätung läuten nun Belphegor die "Nachmitternacht-Kontraste-Show" ein. Von Beginn an präsentieren die Österreicher einen Black Metal Knüppel nach dem anderen. Dabei hangelt man sich durch Songs aller Alben inklusive dem kommenden Werk "Totenritual" und zelebriert sein Set ohne viel Interaktionen mit dem Publikum. Wer glaubte Wolfheart sind schon ungesprächig, wird hier eines Besseren belehrt :) Die Musik, die Atmosphäre und die "Zeremonie" stehen hier eindeutig im Vordergrund.
Ganz anders ist dies bei der Band, welche den Tagesabschluss und das gefühlt krasseste Kontrastprogramm beim Rockharz Open Air vor sich haben. Mr. Hurley & Die Pulveraffen schicken sich an, die Landratten beim Rockharz einmal so richtig das Saufen zu lehren und sehen sich einem, für diese Zeit extrem vollem Infield gegenüber. Da sind wohl ein paar Fässer Rum mehr nötig, um die Metalgemeinde ausrasten zu lassen. Aber der piratische Plan geht auf, die ersten Takte sind gespielt und die angehende Piratenmenge tanzt dem Klabautermann auf der Nase herum. Selbst als nach einer sehr kurzweiligen und äußerst süffigen Dreiviertelstunde die Anker von Captain Blakes Schiff gelichtet werden und Mr. Hurley mit seinen Pulveraffen den Winden der Meere folgend offene Gewässer ansteuert, stehen die Landratten an der Pier und grölen, singen und klatschen ihnen hinterher, in der Hoffnung doch noch ein Fass Rum mehr in geselliger Runde zu leeren. Dieser Auftritt wird allen Anwesenden noch lange in Erinnerung bleiben!